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Begegnungen der besonderen Art


Paul >>>Eugen Kinzler

Paul kenne ich seit Jahren.
Genau datieren kann ich das nicht, aber die Bekanntschaft wird auf 2002 zurückgehen, die Zeit, in der wir beide noch bei Gruppe 4-w aktiv waren, fortgesetzt dann später im text-für-text Forum. Jene gute alte Zeit, in der es in den Foren noch brauste.

Pauls Texte waren für mich oftmals eine Herausforderung, weil sie zum Teil so offensichtlich mit Klischees spielten, der russischen Seele, dem weißen Reh, mit surrealen Bilden, die doch immer unverkennbar seine Handschrift tragen. Paul ist eben Paul, bzw. Eugen Kinzler, aber vor allem Paul.

Ich habe ihn für diese Seite um 'singlehaushalt', einen neueren Text, gebeten, der wie ich finde, sehr gut zu seinem virtuellen Auftreten passt - wie weit das 'Lyrisches Ich' und Autor in diesem Fall auseinander liegen kann ich nur vermuten: Nicht sehr weit, denke ich.

Vielleicht kann ich Paul auch noch den einen oder anderen Text abschwatzen in dem ein weißes Reh auftaucht oder von Pawel Iwanowitsch erzählt wird.
Schau'n wir mal.

November 2009
 

Er ist einer der 24 Autoren von



text-für-text, Poesie & Prosa,
24 Autoren, vorgestelt von: Matthias von Schramm, Elke Moeller, Dietrich Feldhausen, Sigrid Kriener
- ISBN 3-86901-001-0
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



                                

 

 

 

 

 






 

 

 

 


 

                

 
 

singlehaushalt Paul

 

nun gut,
der teppich im flur liegt schief,
der wird demnach auch die wand in der unendlichkeit nicht berühren,
eher schon zu lebzeiten,
sagen wir kurz vor dem klo vielleicht –

trotzdessen stacksen schnittblumen in vasen,
farbtupfer, you know und
diese hoffnungslose romantik,
die schlichtweg für die katz,
weil es keine sau kümmert,
schon das wort:
TEELICHT! -

aber was soll´s,
mich kümmert das ebenso,
belangloser pollunder XL in etwa,
mit karos drauf... -

im bad hab ich immer ein frische zahnbürste,
herz,
ich frag mich,
ob zahnbürsten ein haltbarkeitsdatum haben und
ob die vom amt mir da irgendwann
scherenschnitte dafür machen oder
ein strickmuster:
„aha, in ihrem haushalt leben zwei zahnbürsten,
herr gesangsverein,
die sind nicht verzollt!
mitkommen und einbuchten,
schluss mit lustig!.“


auf der mattscheibe ist staub,
trotzdem ich diesen bunten plastestaubwedel zuweilen schwinge,
eher aus ästhetischen gründen,
aber das ist geheim,
staub auf allen kanälen, nur
der schiefe teppich wird einmal wöchentlich wie
ein baby an der brust:
SAUGEN!

in der küche wird grobe gesundheit geheuchelt,
frisches farbtupferobst und
die innereien des kühlschranks zeugen von reife,
lachs und
milch, falls tarkowski mal vorbeikommt,
immer zwei eier zum frühstück,
eines für die zahnbürste und
eines für den gesangsverein –

ich lebe gerne hier,
unterm dach mit den tauben und
den himmeln nah,
dem blick in den hinterhof,
wo der herr künstler immer werkelt,
dem plastikraben im regal,
„kra kra“ sag ich dann in die stille -

es herrscht stete einheit hier,
der teppich mit der schieflage und ich und
der staub,
von dem ich mich eines tages
kaum unterscheiden werde –

bleibt am end die zweite zahnbürste,
unbenutzt wie sie ist,
jungfräulich

und
wenn ich glück hab,
dies gedicht
 

 


© Eugen Kienzler

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