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Begegnungen der besonderen Art



Daniel Lester

Lester ist jemand, den ich nur aus den Foren kenne.  Ich bin ihm noch nie begegnet, obwohl ich seine Gedichte schon seit Jahren aus diversen Foren kenne.
Er ist also der 'Große Unbekannte' 
in dieser Sammlung.
  Und ein wenig, scheint mir, pflegt er dieses Image. Oder ist er scheu? Das ist gar nicht so selten bei Autoren. 
So habe ich denn anstatt eines Fotos eine seiner Collage  eingefügt.
Weshalb ich ihn gerne in dieser Sammlung dabei haben wollte: 
Ich mag seine Gedichte sehr und habe durch das Studieren ihrer Eigenart eine Menge gelernt. 
Mein Gedicht : in jenem haus  entstand unter dem Eindruck von 'Das Auehaus
', 'Von wo ich bin' und 'Vorüber, vergessen'.



LYRIK

Das Auehaus / Von wo ich bin / Vorüber, vergessen / Was ich gesehen / Pas de deux  / 
Sommer, Mädchen / Am Fenster / Am Fenster / Wohin sie fährt  / Von ihrem Fenster / Reiseende



PROSA

Der Weg




 

 

 

 

 

 

 

 


 

 


 



Collage von Daniel Lester



11 Gedichte




Das Auehaus

Das Auehaus lädt niemals mehr
Die Ziegel aufgehöht um den Kamin und
Winterhart hoch bis zum Dach
So blickt es starr dem Hohlweg nach
Das Haus ist grün und ohne Türen
Die Fenster hochgeschlossen und verkeilt
Es scheucht den Wind von seinen Seiten
Und jenes Kind, das um es weint
Kein Trauerbrot ist dort zu essen
Die Keller drunten stehen leer
Die bunten Zimmer sind verboten
Das Auehaus lädt niemand mehr





Von wo ich bin

Sind keine Wege hin, es wär auch nicht die Zeit,
hat mich wie andere auch die Zeit verschlagen,
zudem bin ich gehalten, das kann ein anderer auch,
wenn hier getanzt, spielt man dort auf.
Und doch im Schattenlos leichthin sich denken
wie es Kinder tun, wenn sie unsterblich noch
beim Tanz sich an den Rosenbüschen reißen.
Und wenn beim Mond die Nebel zu Kristall zerfallen
und jeder Weg sich aufrollt wie Papier,
sind keine Wege hin, doch kommt der Schlaf dorther
den langen Gang gesprungen.





Vorüber, vergessen

So über allem Ausdruck ist kein Spiel für sie,
ihr Ziel, so fährt sie fort,
das ist, dass auf den Rest sie sicher geht.
Denn Sommer war, vorbei
was frei und sanft und Flügelschlag,
Herz hoch, so war man angelegt
und Tag für Tag war große Fahrt.
Es kommt nichts an, an ihr, für sie ist hier nur Kür.
Wie sie sich biegt,
so biegen sich die Blicke mit,
und was sie hebt, auch mich,
wird leicht,
das kommt aus ihrer Dunkelheit, die sie an sich
für andere trägt,
und wenn sie bleibt, sie bleibt nie lang,
sieht sie zum Abschied noch
dir nach in deinen Schlaf.
So ist Erinnerung und Nichtvergessen verteilt um sie wie ihre Haut,
ihr hochbemaltes Haus mit ihren Tantenfenstern,
in denen Nachts nur Mondlicht bleibt,
hat sie zum allerletzten Mal vermessen,
jetzt ist es feil und fällt dem zu, der innehält.
Sie läßt es zu, wenn auch nur einmal, und ihr auch elend ist dabei,
verborgen sieht sie mich betreten, die Gänge gehn, mich an der Türe drehn,
und bleib ich stehn, wird sie zu Boden blicken - dann ist's vorbei,
sie dreht sich fort und schließt ihr Haus noch im Vorübergehn.





Was ich gesehen

Ihr Silberblick, ihr
feiner Kranz von Schritt in
Schritten wie so beim Tanz,
ihr Nicken zu dem Augenschlag,
dem was sie mag, das was sie kann.
Selbst wenn sie sprach, für mich
war's Stimmenchor,
und jeder Takt, der sie
verlor, nahm sie im Nachklang mit empor,
und sie sich wandelnd in sich auch.
Sie sah mir nach was ich gesehen,
doch unverwandt hing träumend lang
ihr Blick in meinem Blicken, dann wollt sie fort
und wog die Hand noch spät beim Gehen,
als ging sie niemals immer dort.





Pas de deux

Sprachst du es nach?, sprachst du mir vor?
wovor, sprich, springen wir davon,
von diesen Fähren führen keine Sprünge,
und keine Spuren hin, dort wo sie untergehn.
Doch sprichst du nicht und wenn du sprichst,
klingt deine Stimme wie von fern und fremd verzerrt,
als kehre sie und käme heim, wo sie noch niemals heimisch war,
zu dem, durch den sie schwebt, wie durch ein ganzes Leben.
Ganz aufgehoben wird wohl nie, kann auch nicht sein, das Ungefähre,
dies nie geahnte Muster, das wir durchziehn, um das wir gehn,
Tanzspuren nur, doch schön, wenn sie im Dunkel ungesehn,
zu unserem Schattenspiel in ihren Takt sich finden.
(Das ist im Herzen eingefressen, ich kenn die Kommastelle noch,
bei der im Schritt die Fahrt vergangen von Siehdichfür nach Igelsloch.)
Nun ist genug, nun tanzt die Fähre mit dem Fahrensmann,
der Vorhang dann, er fällt, er war ja nie verschwunden,
wir fallen nicht, doch jemand kommt und will zum Tanz,
er führt uns vor, die Schritte und die Zahl der Runden.





Sommer, Mädchen

Vom Himmelblauen hat der Sommer niemals viel gehalten,
ihm war nach bunt, nach Schmuck und flatterhaft,
und sehr danach, in Kleiderfalten sich zu wehen,
dabei zu tun, als hätte das der Wind gemacht.
Er zog sie an und dann, wenn eine ihm zu schön,
auch wieder aus und ließ sie vor sich gehn,
und blieb sie stehn und drehte sich,
dann sah er gerne, wie sie im Winde leicht errötet.
September kam und Herbst, die Kleider wurden winterhart,
die Röcke trug man lang, man ging in Hosen und hielt den Mantel überm Arm,
die Mädchen wurden still, es war als gingen durch den Regen nur noch Frauen,
und dann ist Frost und überm Eis, auf dem man läuft in Rock und Schal,
wölbt sich zum ersten Mal der Winter hoch im Himmelblauen.





Am Fenster

Das ist das Leichte noch,
sie sich von fern zu denken,
wie sie am Rahmen, unbedacht von Wiederkehr,
die Hand ums Haar nachts bei den Scheiben wacht,
und sich aus Allem außen weiß,
seit sie dem Fenster fremd geworden.
So ausgeschlossen wär ihr Gehen nicht,
jenseits der Scheiben, wo man winkt.
Doch was sie vor sich trägt, hat mehr Gewicht,
als je an ihren Armen hing.





Am Fenster

Sie steht dort noch und wie an jedem Abend
gehn ihre Blicke zu dem Spiegelbild im Glas,
so sieht sie zu wie Tag um Tag um ihre Augen
die Welt verschwimmt.
Und nimmt nichts wahr, in ihr hat, was zu hoffen war,
der Tag in einen Schlaf gehüllt, der sich ihr naht,
wenn ihre Augen sie im Fenster sehn,
als wären diese ihre ganze Welt.
Erst mit dem Vorhang fällt der Blick,
sie sieht sich um, und sie erschrickt
vor dem Besuch, bis sie erkennt, wer
endlich kam und brachte ihr den Weg zurück.




Wohin sie fährt

Ob sie mich reizt, stellt sich die Frage?
Ich mag sie liebend winken sehn
von ihrer Tür, bei der ich damals ungelegen.
Lacht dann das Luder, pfeift auch habt acht an ihre Rüden.
Sie hat das Haar zum Schwur
gebunden und Ringe
bei den Augen stehn,
nur ihre Kluft, bei der sie sich verborgen,
nahm ich ihr nicht,
sie blieb, sie bleibt mir unbesehn.
Wohin man fährt mit ihr,
dorthin geht ihre Fahrt,
ihr Herz, so eingeäschert, anstandslos,
hab ich bewegt, hat sie gesagt,
doch niemals je gesehn.





Von ihrem Fenster

Von ihrem Fenster spricht sie wie von einem Schlaf,
durch den sie blickt, hinein in einen Raum,
der nicht in Wachheit bei ihr bleibt,
doch sie nur findet, wenn sie sieht,
und ihr ist so, als wenn er vor ihr flieht,
ganz so, wie nur vor Furcht und keine Hoffnung läßt,
als die zu träumen und zu wissen, es ist im Traum und
haltlos sieht, wie man vergeht.
Und dann ist ihr, als sollt sie
schlafend durch das Fenster gehn
in einen Gang, den sie vor Jahren fand
und längst vergessen, wie er entlang
der Aue zu der Brücke führt, von der sie sprang...
...nicht in der Tat, nur so getan, fast nur gedacht,
doch sie sie weggeführt und dann
hier hinter Fenstergitter weggesperrt, so lang bis jetzt,
und niemand kommt und sieht, was andere sähen,
wenn jene Scheiben dort die Fenster wären,
wie die zur Nacht.





Reiseende

Noch auf den Steinen hockend, die Kniee umarmt,
bleibt mir die Fremde im Sinn,
wie umsonst war ihr Warten.
Ich hab dort nichts verloren,
nicht dort, ich hab es hier.
Endlich aufstehen von den Türsteinen,
keine Reisen sind mehr unterwegs,
alles ist abgefahren, und halbwegs bist
du eingetroffen zu deiner Überraschung.





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