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Mutterwitz und Jonathan 20.03.2005




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Matthias v. Schramm

Manfred Stock

 

 

 

 

 



Die Zweite Chance’ oder ‚Man lernt nie aus’.
Mutterwitz und Jonathan lesen in Othmarschen


Bericht einer Sympathisantin

In dem feinem Stadtteil an der Elbe, ist ein anderes Publikum zu erwarten als bei der gutbesuchten Lesung in der „Insel“ im März in im durchwachsenen Eppendorf / Hoheluft. Schon die Räumlichkeit ist exclusiver. Das Mobiliar :Thonet und Biedermeier, Kunst an den Wänden. DAS KLEINE CAFÉ wird seinem Namen gerecht; mit 20 Plätzen bietet es nur halb so viele wie die INSEL. Auch der Eintrittspreis ist gediegener: Normalerweise 13 € inclusive einem kleinen Buffet in der Lesepause - kein Preis für Schüler oder Studenten. - Noch exclusiver letzten Sonntag: 15 € für die Lesung 'Mutterwitz trifft Jonathan' von Manfred Stock und Matthias v. Schramm. - Einmal im Monat gibt es ein Programm – Lesungen, vorgetragen von echten Schauspielern, ‚Professionellen’ betont die Betreiberin des Cafés am Ende der Veranstaltung.
Nun diesmal war es eine Autorenlesung, denke ich. Schadet nix, wenn man seine Erfahrungen erweitert.




Es ist kurz vor 19 Uhr, und das Publikum trudelt ein. Trotz des fabelhaften sommerlichen Wetters immerhin sechs Leute. Das Stammpublikum mache gerade Urlaub - leider - bedauert die Veranstalterin. Wie sich zeigt, wäre man gut beraten gewesen, trotz Stammpublikum und kleinem Raum noch eine Handvoll Freunde zu mobilisieren. Ursprünglich hatte ich meinen Presseausweis zücken wollen, verzichte aber darauf und erhöhe damit die Zahl der  Zuhörer auf 7.
Ohne Werbung geht es doch nicht, flüstere ich Manfred zu. Er lächelt indifferent. Seit Monaten hat er sich um diesen Lesungsort bemüht, und schließlich den Termin erhalten. Die Inhaberin des Cafés  und er sind alte Bekannte. Sie teilte vor Jahren in Bautzen mit anderen Frauen, die Räumlichkeiten über seiner "Männer-WG" mit Gittervorhängen. Eine Geschichte für die ihm wenig später die Lacher sicher sind. Es ist die Perspektive ,die die Geschichte lustig macht, sie selbst ist es nicht.

Eingedenk der konstruktiven Kritik im Anschluß an die Insel-Lesung haben Manfred Stock und Matthias v. Schramm (MVS) ihr Programm überarbeitet, um die Aufmerksamkeit der Zuhörer nicht zu lange auf die Probe zustellen. MVS hat radikal gekürzt und gut 1/3 seiner Texte weggelassen. Auch Manfred Stock hat auf den einen oder anderen Text verzichtet – mehr war nicht drin, seine Texte sind einfach länger als die von MVS.
Das Publikum: zwei Herren, vier Damen zuzüglich meiner Person, eigentlich war ich als Fotografin gekommen, dazu noch die Betreiberin des Cafés und die Bedienung - neun Leute. damit ist das Café fast zur Hälfte besetzt. Kleine Räume haben Vorteile. Hier hat fast jeder Zuhörer einen Platz der ersten Reihe und sitzt Aug’ in Aug’ mit den Künstlern. Die Reaktion des Publikums kommt unmittelbar rüber, ob wohlwollend oder reserviert. Dies Publikum ist überwiegend wohlwollend und lässt das Unbekannte kommen, wie es will. 



Die beiden Autoren starten, wie gehabt, mit ihrer gemeinsamen Biographie. Mutterwitz legt ein ordentliches Tempo vor, als gälte es, das Publikum auf diese Weise mitzureißen. Jonathan wirkte schon vor der Lesung etwas angeschlagen und kommt bei dem Versuch das Tempo mitzuhalten gelegentlich ins Straucheln. Er schafft die Kurve und schaltet einen Gang zurück. Der leise nachdenkliche Jonathan hat es schwer hier gegen die Abenteuer des Mutterwitz, denen das Publikum folgt wie einem Actionfilm. Doch auch der verliert bei dem Tempo gelegentlich die Kontrolle über die Zeilen. Man erreicht die Abendbrotpause etwas außer Atem um einige Minuten zu früh. Was nicht schadet, denn die Suppe ist schon fertig, die gefüllten Blätterteigtaschen kommen wenig später heiß aus dem Ofen.



Ich überlege, ob es nicht vielleicht klüger wäre mit Jonathan zu beginnen, damit das Publikum sich einstimmen kann auf seine spezielle, eher ruhige Art die Welt zu betrachten und zu hinterfragen. Es ist einfacher die Dynamik zu steigern, als plötzlich zurückzufallen. Ist erst mal eine bestimmte Erwartung vorgegeben durch eine pointenreiche Biographie, fällt es schwerer sich auf einen so anderen Charakter, wie den Jonathan einzulassen. 

Die zweite Halbzeit ist ruhiger. Es wird an den richtigen Stellen gelacht, ab und zu aber auch eine Pointe verpaßt. Der Verdauungsprozess, zieht offenbar Energie ab. Am Schluss gibt es Beifall und es wird aus dem Publikum der Wunsch geäußert, die beiden Autoren möchten beim nächsten Mal doch auch über Männern schreiben anstatt nur Frauen. Häh?- denke ich - die beiden haben doch die ganze Zeit über nur von Männern und ihren Wünschen gesprochen. – Aber immerhin, ’beim nächsten Mal’‚ also hat man die Geschichten offenbar gemocht.

Zum Schluss gibt es auch noch etwas gratis: Gute Ratschläge von der Veranstalterin. Falls ihr das öfter machen wollt, sagt sie, solltet ihr aber ein wenig Unterricht im Vortrag nehmen? 
Ein wenig dreist ist das schon, finde ich, zumal die Autoren, wenn ich das richtig mitbekommen habe, nur für das Abendbrot gelesen haben. Oder verbucht man so was auch unter Mutterwitz?      


 madonna       


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