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Schafe unter sich / März 2000

Zitat

Aus Brehm's Tierleben:
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Das Hausschaf ist ein ruhiges, geduldiges, sanftmütiges, einfältiges, knechtisches, willenloses, furchtsames und feiges, kurzum ein langweiliges Geschöpf. Besondere
Eigenschaften vermag man ihm kaum zuzusprechen; einen Charakter hat es nicht. Es begreift und lernt nichts, weiß sich deshalb auch nicht allein zu helfen. Nähme es der eigennützige Mensch nicht unter seinen ganz
besonderen Schutz, würde es in kürzester Zeit aufhören zu sein. Seine Furchtsamkeit ist lächerlich, seine Feigheit erbärmlich. Jedes unbekannte Geräusch macht die ganze Herde stutzig, Blitz und Donner und Sturm und Unwetter überhaupt bringen sie gänzlich außer Fassung und vereiteln nicht selten die größten Anstrengungendes Menschen.

    

 

 

 

 

 

 

Schafe unter sich

Ein stolzer Widder geht übers Feld 
Sein Fell das glänzt wie Gold
die prächtigen Hörner, der Nacken stark
- so hat die Natur ihn gewollt.

Und reckt sich wohlig, und streckt die Brust
Ist er doch der Schönste von allen
So herrlich, so edel, so kräftig und stark
könnt' selbst er der Sonne gefallen

Und wie er so steht, einen Götterbild gleich
in lieblicher freier Natur,
erblickt er ein Weibchen, nicht minder schön
gelassen auf grünender Flur.

Da klopft sein Herz in der Widderbrust
und spannt sich sein Körper begehrend,
er richtet den Schritt ganz selbstbewußt
auf’s Ziel hin: Er will sich vermehren.

Ganz unbekümmert erwartet das Schaf
und ohne verzagtes Beben
den Freier, den Schönen, den Superbock
als könnt' es auch ohne ihn leben

Doch plötzlich traben von Ferne heran
das Weibchen zu begrüßen
und ignorieren den stolzen Bock
drei Widder auf Freiersfüßen

Als hätten die Flegel ihn nicht erkannt
zum Kampfe, auf Brechen und Biegen
Den Kopf gesenkt, die Schultern gespannt
und drauf, daß die Fetzen fliegen

Und während im Kampfe die Böcke erhitzt
staubwirbelnd die Köpfe einrennen
und Wut und Stolz und Herrscherlust
sich aneinander verbrennen,

da trollt sich das Weibchen und geht davon
als wär’ es dem Bock nie begegnet
auch wenn sich seine Spur verliert
von der Natur gesegnet.
......
Und trägt, wie es bei Schafen Brauch
im Frühling ein Lämmlein im seinem Bauch
Und keiner weiß von wem das stammt
und wohin das Lämmlein geht,

so zart, so weiß, so unschuldig und
ob es Ostern überlebt.



version2005

Kommentar zum Gedicht

Zu Deinen Schafen unter sich : frische bilder in
liebevoller ironie ausgeführt - die haltung liebevoller ironie gegenüber dem gegenstand sei, hat thomas mann irgendwo gesagt, die für künstler und kunstwerk fruchtbarste- daß es mit dem Versmaß gelegentlich noch klemmt und knirscht weißt Du ja selbst.

v.Doderer
2000

 


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