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Begegnungen der besonderen Art



Jutta Over

lernte ich, wie alle hier Versammelten, in einem Literaturforum im Netz kennen.
Genauer bei text-fuer-text.

Anfänglich gefiel mir hauptsächlich ihre nette Art zu kommentieren. Mit der Zeit fiel mir auf, dass die Thematik ihrer Gedichte sich abhob von Beiträgen anderer durch den Bezug zur Natur und zum "Alternativen".
Danach erst entdeckte ich ( vielleicht war
es damals gerade ein Entwicklungsschritt, oder sie rückte damit erst langsam heraus) ihre ungeheure Spiel- und  Experimentier -freude mit der Sprache. Bei allem Sprachwitz war da aber auch immer inhaltlicher Bezug  und nicht nur "l'art pour l'art". Das imponierte mir.

Jutta Over schöpft aus vielen Quellen.
Bei 'Durchwachen mit Annette' zeigt sich eine fast schwesterliche Nähe zu Annette von Droste Hülshoff.
Dies Gedicht und es gefällt mir sehr.

Persönlich sind wir uns bei verschieden Forentreffen und Lesungen begegnet.

Wer mehr von ihr lesen möchte  kann sie auf ihre schön gemachten, ganz persönlich gestalteten Homepage besuchen und sich von der Vielfalt ihres Schaffens und ihrer Interessen überzeugen.

Sechs Gedichte von ihr finden sich auch in der Anthologie Text für Text.

 

Mai 2009

 


 

 

 

 

 

 

 


 


 
 
Durchwachen mit Annette

.
durch meiner Augen Spalt
verschwimmen matt des Rechners Leuchtdioden
und irgendwo im Raume summt und singt
der nächtlich abgedimmten Heizung Pumpenwerk
wie Tinnitus
des Hirnes Saft pocht schwer
des Weckers Stechschritt treibt mein Herz voran -
es geht bestimmt auf Zwölf (ich schau es mir nicht an)

leicht kenntlich ist des Molkereifahrzeugs Gerumpel
dort auf dem schlaggelochten Ackerweg
schier endlos zeugt mir eines Motors Brummen
von einer Abschiedsszene vor dem Haus
und des Bewegungsmelders Schein erhellt
das Fensterkreuz und wirft bewegtes Schattenspiel
des Mirabellenbaums auf meine Jalousie -

es geht bestimmt auf Eins (ich schaue nie
des Nachts auf meine Uhr)

die Luft wird knapp, der Staub kriecht auf mein Bett,
die Blase drückt, noch stärker drückt das Hirn
wo die Probleme stetig mir im Kreise gehn
ein lang versäumter Brief wird formuliert
ein Telefongespräch schon simuliert
das Ringen um das richt’ge Argument, es reibt
mich auf bis mich des Leibes Drang dann doch
ins jähe Licht des Bades treibt
ins Zimmer lasse ich der Nachtluft Hauch
(und den des mistgedüngten Ackers auch)
es geht bestimmt auf Zwei (so aus dem Bauch)

durch meines Fensters offnen Spalt
dringt eines Frosches Paarungsruf
(nur einer blieb, der Graben ward der andren Grab
als winters hier ein Bagger Schlamm entnahm)
und in den Westwind mischt sich vag
der Bundesstraße pfeifender Gesang
verkantet sind der rechten Schulter Nerven mir,
die Füße kalt, es geht bestimmt auf Drei, ich werde alt
da braucht man wenig Schlaf, heißt es. Ich denke mich zu dir

und stelle mir dein steinernes Geländer vor
im blauen Regen strömt betäubend süßer Duft
von einem weißen Söller steige ich hinab in blühende Syringen
wo eine Frau in grünlich zartem Licht dem Nachtigallentraume lauscht
doch ist der Ton absonderlich verrauscht
ein Knurren dringt aus diesem zarten Blütenflor
des Bettbezugs – mein Magen gibt sehr deutlich Hunger vor
was Wunder, geht es doch bestimmt auf Viertel Vier
ich gebe auf, zieh mir den Morgenmantel an und öffne leis die Küchentür.
Verpass mir einen Zuckerstoß bananensüß, rosinenklein
und wenn ich schon das Hirn nicht runterfahren kann
dann schalt ich halbgeschlossnen Augs den Rechner ein
dort wartet meiner eine nachtumschwärmte Piste
die erste Nachricht lautet „Hallo, willst du mit mir in die

Disco? Das Weitere erspar ich dir, Annette
denn vor des Hahnes erstem Schrei komm ich nicht mehr zu Bette.
Des neuen Tages Qualen sehe ich schon jetzt erschöpft entgegen.
Auf deine Frage: Fluch, das Schlummerwachen,
und nicht Segen!


© .Jutta Over


Lyrik von Lester
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