NEUES
VOM SCHWARZEN PANTHER
Der schwarze Panther
streunte verängstigt und verwirrt in den urbayerischen Wäldern umher.
Man hatte ihn zum Abschuß freigegeben. Zwar ist die offizielle Suche nach
ihm eingestellt worden, weil doch nicht ganz sicher war bei denjenigen,
die ihn gesichtet haben wollen, um was für ein Tier es sich letztendlich
handelt - und die örtliche Presse und der Polizeisprecher einigten sich
jetzt auf einen Lux,der im nächtlichen Schatten des Laubwaldes für
diejenigen, die ihn trafen, pantherartige Auswüchse und Farben angenommen
hatte. Aber trotzdem behielt man sich vorsichtshalber vor, die Erlaubnis
zum Abknallen zu erteilen, falls dieses Wesen ja doch irgend jemandem vor
die Flinte kommen sollte. Denn ein ausgestopfter Panther fehlte noch im örtlichen
Jagd- und Fischerei- museum. Und das wäre doch die
Attraktion!
"Blödes Pack", dachte sich der Panther grimmig und überlegte
seine nächste Strategie. Er wollte doch einfach nur seine Ruhe haben,
weil ihm irgendwann die kalten Gitterstäbe seines Verließes im
Wanderzirkus mächtig nervten. Und dieses 'Männchenmachen' und durch
brennende Reifen Springen hatte er auch ein für allemal satt! So nutze er
diegünstige Gelegenheit, daß der Zauberlehrling zu blöd war, seine Käfigtür
richtig abzuschließen, und huschte im Schutze der Nacht ins Freie...
Der Wald öffnete sich und er kam auf eine Lichtung, auf welcher eine
Menge verriegelter Bretterbuden standen. Hier sollten morgen die Stände für
den regelmäßig abgehaltenen Wochenmarkt öffnen. "Mal sehen",
dachte sich der Panther, "was es da so zu holen gibt". Er
schaute sich ausführlich um, fraß in der einen Bude von den Wurst und
Schinkenvorräten, labte sich in der anderen an einigem Obst gegen seinen
Durst; bis er schließlich zu einer Hütte gelangte, in der merkwürdige
Gebilde aus weißflauschigem Etwas lagerten - Schafsfelle, mit denen
dieMenschen gerne ihre Autositze oder Ledercoutches bedeckten.
"Hm", dachte er sich, "wozu das wohl gut sein soll?".
Dann durchfuhr ihn blitzartig die rettende Idee! Ja, genau! Er würde sich
solch ein Ding überwerfen und schon wäre doch sein Problem gelöst. Man
fandete nach einem schwarzen Panther, aber nicht nach einem etwas mager
und muskulös ausgestattetem Schaf mit friedlich weißem Kuschelfell.
Unser Panther stülpte sich also einen Schafspelz über, begab sich zu
einer unweit des Marktplatzes friedlich weidenden Gruppe blöckender
Schafe, reihte sich dort ein - und ward nie wieder gesehen.
DAS
VERMÄCHTNIS DES SCHWARZEN PANTHERS
Sepp Kreutzpointner
traute seinen Augen nicht, als er das Revier seines Forstabschnitts
abging. Was sah er da unter einem Blätterhaufen? Unter dem
zusammengekehrten Laub lugte eine schwarze Pfote hervor, aber um die Pfote
einer Katze konnte es sich nicht handeln, dazu war sie zu groß und zu
scharf bekrallt. Neugierig trat er näher, das Gewehr im Anschlag ,
vorsichtshalber.
Sollte sich die Mähr vom herumstreunenden schwarzen Panther bewahrheiten?
Sie hatten Witze gerissen darüber am Stammtisch im Jagdstübel. Das war
doch wieder so eine Ente zur Auffüllung des Sommerlochs, diese
sensationsgeilen Pressefritzen, Kruzifix!
Nein, in der Tat, er trat noch näher. Es war die Pfote eines schwarzen
Raubtiers, die da im Laub lag, jetzt regungslos. Vorsichtig tippte er mit
seiner Fußspitze dagegen. Nichts passierte. Hm. Mutig geworden schaufelte
er mit beiden Händen das Laub beiseite und: da lag sie, diese seltsame
Kreatur. Aber was war das? Unter einem verschmutzen Schafsfell ragte der
erstarrte schwarze Körper einer pantherartigen Raubkatze hervor - also
doch! Er hatte es ja munkeln hören, das in der Region ein seltsam
mageres, schwarzbeiniges Schaf gesichtet worden sei. Er hatte diese
Geschichten immer mit einer unwirschen Handbewegung abgetan. So ein
Schmarrn'. Jetzt jedoch bestätigten sich diese. Was sollte er nun mit
diesem Kadaver anfangen?
Er holte eine Schubkarre aus dem Forstschuppen und hievete den leblosen Körper
des Tieres darein. Dabei rutschte das den Körper halb bedeckende, übergeworfene
Schafsfell herab und ein kleiner Zettel wurde sichtbar, der provisorisch
mit einem Stück Binfaden daran befestigt war. Was war das denn?
Kreutzpointner wischte sich die Schweißperlen von der Stirn und fingerte
seine Lesebrille aus der Innentasche seiner Joppe hervor. Auf dem Zettel
stand:
" Wie ihr seht, habe ich es geschafft und mich gewandelt von einer
blutrünstigen Raubkatze in einen lammfrommen Undercoverpanther, der
keiner Fliege mehr je was zu leide tat, mit Dollys Hilfe! Leider hatte ich
keine Gelegenheit mehr, andere meiner Artgenossen zu erreichen und von
dieser neuen Lebensweise zu überzeugen. Meiner lieben Dolly verdanke ich
es jedoch, daß meine Wandlung nicht ganz unbemerkt bleiben wird. Wenn ihr
sie aufsucht, werdet ihr wissen warum."
Kreutzpointner staunte ungläubig, las wieder und wieder den Zettel. Was
war da zwischen Dolly, einem Schaf aus der Forstherde, und diesem
bedauernswerten, verstorbenen Panthertier geschehen?
Er würde seinen Spezl, den Hubert fragen müssen, den Schäfer der
Region...
Einige Monate später war im Regionalblatt zu lesen: interessante Neuzüchtung
einer Schafrasse im Landkreis! Erstgeburt eines schwarzweiß-niederbayerischen
Gemeinschafes, das sich besonders auszeichnet durch seine Robustheit,
dratig-muskulösem Körperbau, Elastizität sowie eleganten
Schnurrbarthaaren um das markant geschnittene Schafsmaul.
© Kerstin Szanyi
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