Im März 2000 schrieb ich:
Wer mir noch vor ein paar Monaten gesagt hätte, dass ich schreiben würde,
den hätte ich ausgelacht. Aber in dieser Autoren Community habe ich Mut
gefasst, selber zu schreiben. Wo ich doch anfangs gekommen war, nur um zu
lesen..
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Feelinda
Sie hatte alles, was sich eine Fee wünschen konnte - eine
liebliche Figur, herrliche Kleider, nachtblaue Augen, goldenes Haar
und
obendrein ein bezauberndes, strahlendes Lächeln. Sie verschenkte es
großzügig.
Sogar die Sonne war entzückt von ihr.
Doch Feelinda war traurig.
Sie hatte sich in den Mond verliebt. Aber er beachtete sie nicht.
Jeden Abend trat sie vor ihre Tür, um ihn aufgehen zu sehen, und bevor sie
sich zur Ruhe legte, ging sie auf den Balkon, um ihm eine gute Nacht zu
wünschen.
Er antwortete nie. - Manchmal glaubte sie, er würde ihr zublinzeln, aber
dann war es doch nur ein Wolkenschleier gewesen, der vorüber zog.
Ihr Herz wurde schwerer mit jedem Tag. Es kam ihr vor, als ob er sich
täglich ein mehr von ihr abwende. Eines Tages, blieb er ganz aus.
Da machte sie sich auf die Suche nach dem Verschwundenen. Sie ging von
Morgen bis Abend und als sie müde wurde, legte sie sich auf das Moos unter
den Bäumen. Wenn sie Hunger hatte, aß sie von den Beeren des Waldes, wenn
sie Durst hatte, trank sie den Tau von den Blättern oder erquickte sich an
einem Bach. Hoffnungsvoll richtete sie jeden Abend ihren Blick auf den
Himmel und hielt Ausschau nach ihrem schönen Liebsten. Ihre Geduld wurde
belohnt.
Bald stand er wieder am Himmel, ein wenig schmal geworden, aber er erholte
sich schnell. Am nächsten Abend kam es ihr vor, als ob er ihr ein winziges
Lächeln zuwarf und am folgenden lächelte er etwas mehr. Feelinda fühlte,
dass sie ihm immer näher kam. Endlich stand er rund und schön, so voll am
Himmel, dass sie vor Glück auflachte und ihm ihre Arme entgegen streckte.
„Was willst du, meine Schöne?“, fragte er. „ Zu dir will ich“, antwortete
die Fee. Sie stand am Ufer eines Sees und der Mond spiegelte sich im klaren
Wasser. Jede kleine Welle trug sein Bild an das Ufer. „So komm doch“, sagte
der Mond, „siehst du nicht den Teppich, den ich hier für dich ausgebreitet
habe?“ Feelinda sah den zitternden Wellenteppich, auf dem die silbernen
Reflexe wunderbare Muster woben. Sie setzte ihren zarten Fuß darauf und
schritt dem Mond entgegen. Es machte ihr nichts aus, dass ihre Füße und ihr
schimmerndes Kleid nass wurden, und als das Wasser tiefer wurde schwamm sie
ihm entgegen. Nach einer Weile ließen ihre Kräfte nach. Wieder streckte sie
ihre Arme nach ihm aus, und ihr Freund ergriff sie und zog sie zu sich
herauf.
Februar 2000 /2016
© sigrid kriener
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