Keine
Verabredungen mehr mit Trudy
Es ist einer dieser Samstagabende, die
ich hassen müsste, weil ich alle Samstagabende hasse, seitdem sie
weg ist. Irgendwann hatte ich bemerkt, dass mir die Abendessen mit
den Mini-Bonbels („Nur für dich, weil du sie so liebst!“), fehlten
und das Backgammon spielen.
Sobald mir das bewußt war, wurden diese Abende unerträglich und
ich fand zahlreiche Ablenkungen: Parties, Wein und Frauen. Einzeln
oder als abend- und nachtfüllende Cocktails. Eine zeitlang war das
recht vergnüglich, denn vor allem das Auspacken von Frauen war
genauso einfach wie das Herausschälen der kleinen Käselaibe aus
der roten Wachshülle. Je größer und quälender sich die Lücke
zeigte, die der kleine Käse hinterlassen hatte, desto mehr
mitfühlende Seelen fanden mich, die scharf darauf waren, diese
Lücke zu schließen. Schnell wurde ich dieser Ablenkungen
überdrüssig, weil sie mich hungrig und suchend zurückließen. Sie
konnten mit dem kleinen Käse nicht mithalten und seitdem hasste
ich Samstagabende.
An einem dieser Samstagabende, lernte ich Trudy kennen, in einer
Bar. Sie ist keine Frau, die mir aufgefallen wäre, aber Charly,
der Barkeeper, hatte sie mir vorgestellt. Schon nach kurzer Zeit
war ich von ihrer kühlen, zurückhaltenden Art angetan. Wir
unterhielten uns eine Weile, und ich spürte, dass sich dahinter
eine tiefgehende Wärme entwickelte, die sie mir nicht vorenthielt.
Ich schenkte ihr ein aufrichtiges Lächeln und wir verbrachten die
Nacht zusammen.
Sie führte und bereitwillig ließ ich mich von ihrer verwirrenden
Mischung aus unterkühlter Wärme, nachgiebiger Stärke und
bedingungsloser Hingabe auffangen. Am nächsten Morgen, sie war
längst gegangen und nur ihr leeres Glas zeugte von ihrer
Anwesenheit, schrie jede Faser meines Körpers: oh, Trudy!
Wir trafen uns wieder und wieder und von Mal zu Mal wollte ich
mehr von ihr. Ich trank von ihrem heißen Atem, lehnte mich an ihre
Stärke, löste mich in ihrem weichen Körper auf, doch sie zeigte
mir immer häufiger auch eine kühle, abweisende und zerstörerische
Seite. Ich war ihr verfallen und ich rebellierte dagegen.
Eines Abends, wir hatten uns sehr lange nicht gesehen, ging ich in
die Bar, weil sie dort fast immer anzutreffen war, doch Charly
erzählte mir, dass sie einen neuen Liebhaber gefunden habe. Er
grinste vielsagend und stellte mir Margarita vor. Eine herbe
Schönheit. Wir unterhielten uns angeregt und als mein Glas leer
war ging ich, ohne sie.
Es ist einer dieser Samstagabende, die ich eigentlich hassen
müsste, doch heute bin ich mit einem kleinen Käse verabredet und
vielleicht treffen wir Trudy – auf ein Glas.
PS: Wer Trudy auch kennen lernen möchte, nimmt ein großes Glas,
füllt es mit einigen Eiswürfeln, gibt 4 cl Vodka, 4 cl Cointreau,
6 cl Grapefruitsaft dazu und füllt es bis zum Rand mit Champagner.
© Christina
Schragner
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