Bigvogel
Dem alten Gotthilf Bighvogel aber, so lange er lebet soll auf seinem
Meierhof zum Auszug eines Hofgesinde Brösung und Ration verabfolget
werden.
Jedoch soll auch verpflichtet sein,
für seinen Auszug in seinem Hause gemäß was arbeiten sollt und
weiter alle Tagh ins Kirchel bei der Mutter Gottes fürs Heyl beten
sollt.
Und daß, wann sich ein Käufer
findet und der alte Bighvogel durch Todt abgangen ist, ein
Erbgeld zu zahlen ist, daß die üblichen heiligen Messen gelesen
werden können.
Gegeben zu Harras, den
eynundzwanztgen Jänner 1740
Lebenslauf?
aber bitte!
Geboren als
Enkel des 1. Offiziers des Kanonenboots SMKKS Donauland (seiner
Majestät Königlich-Kaiserliches Schiff der österreichischen
Kriegsmarine) nach den ersten Nachkriegswirren in einer ehemaligen
österreichischen Kolonie und aufgewachsen in Tanger und Australien,
Privatunterricht in deutscher Sprache, danach mehrere Jahre
Reiseführer am Great Barrier Riff und zwei Jahre Militärgefängnis
in Exmouth. Geflüchtet und kurze Zeit in Neuseeland, danach
ausgewiesen nach Österreich und nach Deutschland emigriert. Nach
Abendschule Studium in Berlin, Heidelberg und Frankfurt. Lebt als
Selbständiger in der Provinz und hat zwei Kinder.
Schreibt
gelegentlich Kurzgeschichten für Zeitungen und veröffentlicht
zunehmend im Internet.
Eine Verbeugung vor den großen Dichtern Prags.
Die Untiefen der
Städte
Am ehesten war
es immer kurz nach dem Regen zu erkennen. Es nahm dann in Umrissen
eine graublaue Färbung an und saß mit Vorliebe unter den Blättern
der großen Kastanie, die durch den Aufprall der Tropfen zu Zittern
begonnen hatten, aber weitgehend die Feuchtigkeit und die damit
verbundenen Unbequemlichkeiten von ihm abhielten. Das konnte so
seine fünf oder acht Minuten dauern, dann wurde ihm die Luft zu
feucht und es verschwand in einem Ritz des großen Baumes, wo
es, wie wir Kinder glaubten, sich hinter der warmen Borke gemütlich
machte und oft tagelang nicht hervorkam.
Es konnte aber
auch sein, daß es sich auf einem der großen Moldaudampfer versteckte
und beobachtete, wie der Heizer im düsteren Kesselraum Tonnen von
Steinkohle in den Schacht schaufelte, wie Funken knackend, knistern
und sprühend auf den verkohlten Dielen umherfuhren und man spüren
konnte, wie der Druck in den rostigen Rohren unerträglich wurde und
das Schiff sich ächzend und stöhnend gegen die Strömung stemmte.
Manchmal stand
es auch an der Treppe zum Maschinenraum, wo man einen freien Blick
zur Moldau hatte und sah zu, wie der Kapitän in einer weiten Kurve
an einer Brücke vorbei steuerte. Es erkannte, daß es unmöglich sein
würde, die Brücke zu unterfahren und daß die Brücken viel zu alt
waren und aus einer Zeit stammten, als es noch nicht ging, solche
großen Dampfer gefahrlos an den Untiefen der Städte vorbeizuführen.
Das waren die
Augenblicke, in denen es ihm fast egal gewesen wäre, entdeckt zu
werden.
© Bigvogel |