Manisch, die Sache mit dem Ei
Wenn sie mich nicht immer so angesehen hätte! Dieses
spöttische Zucken um ihre Lippen und der überhebliche Ausdruck
in ihrem Gesicht. Ich solle mich nicht über Kleinlichkeiten
aufregen, sagte sie. Kleinlichkeiten! Wie sie das Wort schon
aussprach! Und in ihrer Selbstgefälligkeit bedenkenlos ständig
neue Wörter erfand!
Wie sich ein Mensch in wenigen Monaten so verändern konnte!
Vor einem Jahr war sie in meine Wohnung gezogen. Gewiss, ich
hatte schon damals Bedenken. Ich wusste um die Probleme
zwischen den Geschlechtern. Wie ich die spätere Entwicklung
bedauerte! Nur ein Wort, eine Geste von ihr, und alles hätte
gut gehen können.
Allerdings hatte ich manchmal den Eindruck, dass etwas
Fremdes, das ich schon lange überwunden geglaubt hatte, in
meine Welt eingebrochen war und wieder begann, mich zu
beeinflussen. Dennoch hatte ich ständig die volle Kontrolle
über mich, darauf habe ich geachtet und daran gab es nie den
geringsten Zweifel.
Als ich mich entschlossen hatte sie zu töten, war ich mir über
die Folgen völlig klar. Ich habe es mit Bedacht getan, und als
ich ihren Körper in die Badewanne gleiten ließ, musste sie
bereits tot gewesen sein. Solche uneleganten Methoden lagen
mir nicht, sie waren mehr als ungewöhnlich für mich. Ich würde
Ewigkeiten brauchen, mich daran zu gewöhnen. Wenn ich es
überhaupt jemals schaffen würde. Dennoch hatte ich danach das
beruhigende Gefühl, richtig gehandelt zu haben. Sie war es,
die mich in ihrer überheblichen Art dazu gezwungen hatte. Ich
habe es nicht gewollt. Es ist mir schwer genug gefallen.
Sie hatte sich nicht gewehrt. Trotz ihrer ständigen
Anfeindungen besaß sie noch Vertrauen zu mir. Aber ich merkte
im Laufe der nächsten Tage deutlich, dass etwas in ihr gewesen
war, das sich gesträubt hatte. Dass sie die Welt nicht hatte
verlassen wollen. Um es ganz offen zu sagen: Ich hatte in
letzter Zeit sogar den Eindruck, dass sie möglicherweise noch
bei mir war. Nicht in der Realität, denn ihre Leiche lag in
der Badewanne. Das war nicht zu übersehen, da musste ich mir
bald etwas einfallen lassen. Dennoch stimmte manches nicht, es
war schwer zu erklären.
Bis gestern war das eine reine Gefühlssache. Im Grunde war es
wohl fast normal, dass sie mir manchmal erschien. Ich habe
beiläufig mit meinem Arzt darüber gesprochen. Es seien
Halluzinationen, sagte er, und das gehe vorüber. Dabei sah er
mich seltsam an, natürlich, er wusste ja nicht, dass sie tot
war. Er meinte, ich solle mich vielleicht einige Tage krank
schreiben lassen, mich nicht überarbeiten oder überbelasten,
nichts sei so schädlich wie der tägliche Stress. Er hatte gut
reden.
Heute morgen war allerdings etwas Neues eingetreten, etwas
grundlegend Neues. Seitdem konnte ich mir vorstellen, dass sie
auf eine unerklärliche Weise doch noch am Leben war. Aber sie
schien nach wie vor Einfluss auf mich zu nehmen. Genauer
gesagt, ich hatte den Eindruck, dass sie sogar massiv mein
Leben beeinflusste. Das konnte eigentlich nicht sein, aber es
hätte gepasst zu ihr. Ja, es wäre typisch gewesen für sie, es
war, als fahre sie fort, mich zu quälen und zu verspotten!
Es war kaum zu glauben, aber sie musste wirklich hier gewesen
sein. Mein Arzt wollte es mir ausreden, er sprach von einer
manifest gewordenen Erlebniswelt. Ich dachte, dass er langsam
anfangen musste, mich für verrückt zu halten. Andererseits war
es nichts Neues, dass Ärzte manche Vorgänge oft oberflächlich
beurteilten. Wie hätte ich es ihm übel nehmen können!
Eigentlich konnte ich nicht einmal ausschließen, dass er recht
hatte, dass es wirklich nur Einbildungen waren. Ich musste
mich vorsehen. Manche Leute wären vielleicht froh, mich der
Unwahrheit überführen zu können. Wie schnell ist man
gebrandmarkt! Ich hätte sie ihm gern einmal gezeigt, als Arzt
musste er davon mehr verstehen als ich. Darüber habe ich
ernsthaft nachgedacht, aber ich wollte ihm keinesfalls
Unannehmlichkeiten bereiten.
Eines stand jedenfalls unabänderlich fest: Jemand musste
heimlich in meiner Küche gewesen sein. Ich wollte ja gar nicht
ernsthaft behaupten, dass sie es war. Die spöttischen Blicke,
die mir danach sicher gewesen wären, konnte ich mir gut
vorstellen. Andererseits war es wirklich nicht völlig von der
Hand zu weisen, außer ihr kam praktisch niemand in Betracht.
Schließlich war ich nicht verrückt! Und die Tatsachen waren
offenkundig, das war nicht zu übersehen: Ich hatte gestern
sechs Eier gekauft und mir noch am selben Abend zwei davon
zubereitet. Die restlichen vier Eier hatte ich in die
Türleiste des Kühlschranks gelegt. In der Nacht musste etwas
Unglaubliches geschehen sein. Obwohl sonst niemand da war,
hatte sich jemand an meinem Kühlschrank zu schaffen gemacht.
Eine andere Erklärung war nicht möglich, als ich nämlich heute
morgen den Schrank öffnete, waren statt der vier nur noch drei
Eier da. Eine unheimliche Entdeckung.
In Gedanken ging ich den gestrigen Tag durch. Ich hatte meine
Arbeit früher beendet als sonst, weil ich noch einkaufen
musste. Dann war ich über den nahen Viktualienmarkt gegangen,
um die Eier zu besorgen. Es gab keinen besonderen Grund, eher
war es reine Gewohnheit, dass ich dort regelmäßig einen
bestimmten Verkaufsstand aufsuchte. Sehr eigenartig war, dass
ich gestern diesen Stand nicht gefunden hatte, obwohl ich eine
Viertelstunde danach suchte und in dieser Zeit alle Stellen
ablief, die in Betracht hätten kommen können. Möglicherweise
hatte das Problem damit angefangen. Es hätte mir zu denken
geben müssen.
In meiner Verwirrung kaufte ich die Eier woanders. Daran kann
es jedoch kaum gelegen haben. Ich weiß es noch genau: Als ich
nach Hause kam und sie auf den Küchentisch legte, waren es
genau ein halbes Dutzend. Ein Karton mit sechs Eiern. Davon
hatte ich mir als erstes zwei Eier gebraten. Das war ganz
sicher, da war jeder Zweifel unmöglich, es hätten sich noch
vier Eier im Kühlschrank befinden müssen! Ein Ei fehlte aus
unerfindlichen Gründen! Es konnte eigentlich nicht sein, aber
ich musste den Tatsachen ins Auge sehen. Und mir Gewissheit
verschaffen.
Ich holte mir einen Stuhl und schob ihn vor den offenen
Kühlschrank. In der Tür befanden sich drei Fächer, zwei davon
besaßen durchsichtige Schiebetüren. In dem offenen Fach hatte
ich drei oder vier kleine Probierdosen einer belgischen
Aprikosenkonfitüre verwahrt, eine weitere Konfitüre - übrigens
französischer Machart und durchaus nicht mein Geschmack -
hatte ich inzwischen in das Geschäft zurückgebracht, wo ich
sie zum Probieren erhalten hatte.
Ich ging auf die Knie, um auch den hinteren Bereich des
Kühlschranks untersuchen zu können. Ich kam mir wie ein Pedant
vor, als ich nach dem verschwundenen Ei forschte.
Selbstverständlich wusste ich, dass ich nicht wirklich danach
zu suchen brauchte, denn es war klar, dass das fehlende Ei in
der Eierleiste der Tür hätte liegen müssen, wo ich die Eier
schließlich hingelegt hatte. Es war völlig sinnlos, an anderen
Stellen herum zu wühlen. Vorsichtshalber tastete ich dennoch
hinter die Butterdose, jene Stelle, wo ich früher manchmal
Eier aufbewahrt hatte. Das war vor Monaten, als ich die
Eierleiste noch für Mc Lorans Negerküsse gebraucht hatte, die
ich aus bestimmten Gründen damals immer vorrätig hielt.
Natürlich, ich hatte es gleich gewusst, auch dort fand sich
das Ei nicht. Nach allem, was ich bisher angestellt hatte,
wäre das ja auch verwunderlich gewesen. Ich konnte es wenden
wie ich wollte, es musste jemand an meinem Kühlschrank gewesen
sein. In meiner Wohnung! Daran gab es nicht mehr den geringste
Zweifel.
Wenn ich nur in Ruhe hätte suchen können. Aber seit einigen
Tagen wurde der Geruch immer unerträglicher. Es war seit
vorgestern so schlimm, dass ich die Tür zum Bad kaum noch
öffnen konnte. Man kann sich vorstellen, in welche Verfassung
ich allmählich geriet. Unabhängig davon lastete das Rätsel des
verschwundenen Eis schwer auf meinem Gemüt. Keinesfalls konnte
ich den Sachverhalt auf sich beruhen lassen. Das wäre nicht
meine Art gewesen.
Früher, als ich noch nicht alleine lebte, hätte ich nicht
lange zu suchen brauchen. Damals wäre ich mir ziemlich sicher
gewesen, dass diese Frau, mit der ich einige Zeit mein
Quartier geteilt hatte, in der für sie typischen Unordnung
völlig grundlos ein oder zwei Eier weggeworfen hätte. Dann
hätte ich jetzt wenigstens im Mülleimer herumwühlen können, um
mir Klarheit zu verschaffen. Das brachte mich auf eine Idee:
War es möglich, dass ich mir in meiner Gedankenlosigkeit
dieses böse Spiel selbst eingehandelt hatte? Schließlich waren
meine Nerven verständlicherweise nicht mehr die besten. Ich
kniete minutenlang entschlusslos vor dem Kühlschrank und
starrte apathisch hinein. Hatte ich etwa selbst das Ei zur
Seite geschafft, ohne es zu bemerken? Nein, da wollte ich
lieber alles mögliche andere vermuten. Dennoch. Man kann sich
täuschen. Viele haben sich schon getäuscht und dadurch einen
Fehler nach dem anderen begangen. Ich konnte nicht länger
tatenlos zusehen.
Ich schloss sorgfältig die Wohnungstür und begab mich durch
das Treppenhaus nach unten. An den Wänden beulten sich
zerschlissene Tapeten, durch die sich der Schimmel fraß. Das
Linoleum auf den Stufen war schmierig und voller bräunlicher
Flecken, als wären Generationen alter Männer ihrer Inkontinenz
auf halben Weg zu den im Zwischenstock liegenden Toiletten
nicht Herr geworden. Kaum erkennbar in der Dunkelheit des
Hausflurs faulten unter verbeulten Briefkästen feuchte
Zeitungen, deren Auflösung in gelblichen Lachen bevorstand,
ein Kinderfahrrad verrostete unbeachtet in einer Ecke. Mir
fiel auf, dass ich schon lange keine Kinder mehr in dem Haus
gesehen hatte.
Vor dem Haustor befand sich der Müll. An einer der vorderen
Tonnen war in säuberlicher Schrift mein Name angebracht. Das
hatte ich vor Jahren selbst veranlasst, die Buchstaben waren
noch deutlich zu erkennen. Viel hatte sich nicht verändert
seitdem. Als ich den Deckel anhob, drängte sich mit ekelhaftem
Schwirren ein Schwarm metallisch schimmernder Schmeißfliegen
ins Freie, an den Rändern quälten sich mit krümmenden
Bewegungen Hunderte schwärzlicher Larven zum Licht. Natürlich
wusste ich, dass Larven in Wirklichkeit weiß und durchsichtig
waren und nur ihre Augen aus schwarzen Punkten bestanden. In
diesem Fall war das anders. Ich habe mich daran gewöhnt genau
zu beobachten. Die Larven waren eindeutig schwarz wie die, die
ich gestern in meinem Badezimmer sah. Sie hatten die Tote fast
völlig bedeckt. Es schien verwirrend, aber es fügte sich eines
zum anderen. Möglicherweise gab es eine eigenartige,
vielleicht über Jahre gewachsene Beziehung zwischen meinem
Badezimmer und dieser Tonne. Ich würde das überprüfen müssen.
Beim Schließen klemmte der Deckel. Ich musste hinein fassen,
um eine schmierige Plastiktüte zu entfernen. Es war widerlich.
Dabei wurde mir klar, dass ich hier nichts mehr verloren
hatte. Es war nicht anzunehmen, dass ich das fehlende Ei hier
irgendwo finden würde.
Inzwischen hatte ich jedoch eine Idee: Hatte ich vielleicht
doch versäumt, die Eier zu Hause noch einmal richtig
nachzuzählen? Die Vorkommnisse der letzten Tage hatten
immerhin gewaltig an meinen Nerven gezehrt. Allerdings war
nicht ohne weiteres davon auszugehen, dass man wegen eines
einzelnen Eies betrogen wurde, es hätte sich theoretisch auch
um ein Versehen der Markfrau handeln können. Ich wunderte
mich, dass mein Verstand noch immer so scharf arbeitete. Es
war an mir, das unverzüglich zu klären.
Diesmal brauchte ich nicht lange, um den Stand zu finden. Die
Marktfrau erkannte mich und begrüßte mich mit einem
verkaufstüchtigen Lächeln. Dieses Lächeln sollte entwaffnend
auf mich wirken, keine Frage. Das war vorauszusehen gewesen.
Unterwegs hatte ich mir bereits ausgemalt, wie ich ihm hatte
begegnen wollen, eine Spur herablassend nämlich, der Frau die
Folgen ihres leichtfertigen Verhaltens zu bedenken gebend,
eines Verhaltens, das man ohne weiteres auch als Betrug hätte
bezeichnen können. Aber sie schien nicht annähernd begriffen
zu haben, worum es hier ging. Ich musste meine Methode ändern,
sie gewissermaßen auf frischer Tat ertappen. So tun, als
wollte ich noch einmal sechs Eier kaufen und sie dabei nicht
aus den Augen lassen.
Auf dem Verkaufstisch lagen neben den Eiern auch die leeren
Pappbehälter, die gleichen wie das corpus delicti, das sie zu
ihrem skrupellosen Tun benutzt hatte. Sie zu überführen würde
mir ein Leichtes sein. Ich zeigte auf einen der leeren Kartons
und nickte, als sie mich fragend ansah. Dann beobachtete ich,
wie sie einen der Behälter in eine Hand nahm und mit der
anderen Eier der passenden Größe blitzschnell hineingleiten
ließ. Ich zählte atemlos mit, es waren sechs Stück, das war
nicht zu bezweifeln. Diese Frau war klüger, als ich es für
möglich gehalten hatte. Es konnte sein, dass sie mich
durchschaut hatte.
Dennoch zog ich in Betracht, dass es sich bei ihrem Verhalten
um einen einmaligen Fehltritt gehandelt haben könnte, einen
Fehltritt, den sie vielleicht längst schon bereut hatte. Mit
der sanftesten Stimme, die mir zur Verfügung stand, fragte ich
sie daher freundlich, ob es schon einmal vorgekommen sei, dass
sie sich beim Abpacken der Eier verzählt habe. Mit anderen
Worten, ob es sein könne, dass sie schon einmal versehentlich
nur fünf Eier eingepackt habe. Bei dieser Frage schaute ich
sie durchdringend an.
Die Marktfrau erwiderte meinen Blick scheinbar furchtlos. Fünf
Eier? Nein, unmöglich. Und wie ich darauf komme?
Also, unmöglich sei das ganz und gar nicht, erklärte ich und
legte einen belehrenden Ton in meine Stimme. Jeder wisse doch,
dass Eierverkaufen eine anstrengende Tätigkeit sei, wenn man
sich den ganzen Tag mit nichts anderem beschäftige. Und so sei
das wohl bei ihr.
Ja, gewiss, antwortete die Marktfrau, einfach sei das nicht,
aber deswegen werde sie doch wohl noch bis sechs zählen
können! Ihre Stimme klang jetzt ungeduldig und ihr Lächeln war
verflogen.
Inzwischen waren mehrere Frauen von den Nachbarständen auf
mich aufmerksam geworden. Sie lauschten dem Gespräch mit
vermutlich vorgetäuschter Gleichgültigkeit, tuschelten
miteinander und tauschten Heimlichkeiten aus. Ich bemerkte,
dass sie sich zusammenrotteten wie ein Rudel Wölfe und mich
aus blutunterlaufenen Augen kampflustig anfunkelten. Mir war
nicht nach Streit, aber ich bereitete mich auf das Schlimmste
vor, überlegte, wie ich es ihnen erklären konnte, damit sie
mich verstanden, und suchte nach den richtigen Worten. Doch
bevor es zu Gewalttätigkeiten kommen konnte, was nach Lage der
Dinge durchaus zu befürchten war, raunte ihnen die Marktfrau
etwas zu, das ich nicht verstand und das die Frauen offenbar
bewog, einige Schritte zurückzutreten.
"Ich habe es auch eben erst erfahren", erklärte die Marktfrau
wie zu ihrer Rechtfertigung und hob beschwörend ihre Hände.
Eigentlich wollte ich mir eine passende Antwort einfallen
lassen, wodurch ich die Situation hätte wieder an mich reißen
und die Frauen beruhigen können. Wie ich jedoch jetzt erst
bemerkte, befand sich meine ehemalige Gefährtin mitten unter
ihnen. Das war, wie mir durchaus klar war, einerseits nicht
möglich, andererseits überraschte es mich nicht mehr
besonders. Zeichen dieser Art hatte es genug gegeben.
Resignierend erkannte ich sie an ihrem spöttischen Lächeln,
ihrer überheblichen Art, mit der sie mich soweit getrieben
hatte.
Da war mir endgültig klar, dass sie es war und sonst niemand,
die das Ei versteckt hatte. Wahrscheinlich hatte sie mich auf
die Probe stellen wollen. Es war ihr zuzugeben, dass das nicht
schlecht durchdacht war. Keine Frage, ich würde ihr verzeihen
müssen. Ich musste es schon deshalb, weil ich keine Chance
sah, ohne sie das Larvenproblem zu lösen. Denn was ich bisher
verschwiegen habe, nicht einmal daran zu denken habe ich
gewagt: Gestern Nacht haben sie an meiner Schlafzimmertür
geschabt. Es müssen Tausende gewesen sein.
Nur ungern gab ich zu, dass ich möglicherweise einen Fehler
begangen hatte, als ich sie getötet habe, dass ich vielleicht
sogar zu voreilig gewesen war. Aber schwerwiegend konnte mein
Fehler nicht gewesen sein, denn lebendiger und mächtiger als
je stand sie vor mir. Natürlich wusste ich, dass es sich auch
jetzt nur um eine Halluzination handeln konnte. Aber diesmal
war sie so deutlich wie noch nie. Ich hätte sie mit meinen
Händen berühren können.
Sie zog ihre Lippen spöttisch zusammen.
„Kleinlichkeiten“, sagte sie und betonte jede Silbe, „nichts
als Kleinlichkeiten!“
Ich wollte mich nicht streiten. Aber ich hatte vergessen, wie
ich nach Hause kam.
© Bigvogel |