Das Schrillen im Wind Kroll traut sich lange nicht, sein
Versteck zu verlassen. Er sieht auf die Tür, die sich ohne Unterbrechung
in ihren Angeln bewegt. Er lässt die Tür nicht aus den Augen. Diese
Regelmäßigkeit. Das Türblatt schwingt unablässig hin und her und fällt
nie in das Schloss, genau genommen kommt es nicht einmal in dessen Nähe.
Die Scharniere knarren nicht, kein Geräusch, Kroll hat den Eindruck, sie
bewegten sich in schaumblasigen Ölschichten. Und doch ist etwas zu hören,
es scheint von dem Türblatt selbst auszugehen, als ob es aufgespannt sei,
ein Schrillen im Wind, das Flattern in den Erdbeerbäumen. Er lehnt sich
zurück und schließt die Augen. Um ihn ist es hell. Das Licht ist von
einer diffusen Zerbrechlichkeit, Licht kann auch durch Wände scheinen.
Die Scharniere tropfen. Das Öl sammelt sich in dunkelblauem
Malachitgeschirr, das sich bald vollgesaugt haben wird.
Zum Drittenmal kommt der Vogel vorbei. Er füllt mit seiner Gestalt fast
den Türrahmen. Kroll steht auf und bewegt sich zögernd auf ihn zu. Er
weiß, dass er jetzt handeln muss. Als er ganz nah vor ihm steht, tritt
der Vogel fast respektvoll zur Seite. Natürlich weiß Kroll, dass es sich
um ein Naturgesetz handelt. Er greift nach dem öligen Geschirr und tritt
durch die offene Tür. Es ist ein blauer Himmel und weiße Wolken ziehen
vorbei. Im Hintergrund sieht er einen Bach. Der Vogel sitzt auf einem Baum
und hat die Flügel ausgebreitet.
So hat sich Kroll die Welt vorgestellt.
© Bigvogel
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