Matthias
v. Schramm (MVS)
Nicht zu vergessen: MVS geizt nicht mit Freundschaft,
er teilt. - Wann immer er Besuch von Forenfreunden oder -freundinnen
bekam, stellte er sie mir vor - entweder im Petit Café oder bei mir zu
Hause.
Hier zu weiteren Geschichten:
Mittagessen
Die Ehefrau und die Geliebte
Das Kreuz der Gärtnerin
Balkonleben
Lebenstriptychon
Jonathan und die Jägerin
(Auszug) |
Hier jetzt der Text, über den wir uns kennen lernten.
Matthias
von Schramm am 21. März 2000 23:40:19: in °NEUzeitliches
Forum für JUNGzeitliche Literatur°
Hi Paps
Seit einer Weile frage ich mich wie ich da
eigentlich
rum sitze und in die Leere starre.
Und wie ich das Toast zu mir nehme und plötzlich
enthemmt den überbackenen Schinken einatme.
Meine Tochter Regina wohnt bei mir.
Renate ihre Mutter ruft manchmal an und möchte meine
Tochter sprechen.
Ansonsten habe ich mit Reginas Mutter wenig zu tun.
Ich glaube wir sind immer noch verheiratet.
Seit ihrem siebzehnten Geburtstag kommt Regina
jeden Sonntag zum Frühstück runter und trägt
diesen fusseligen Kurzhaarschnitt und so ein
Goldkettchen, gibt mir einen ernsten Schmatz
auf die Wange und sagt: HI PAPS!
Sie lacht mich laut aus ihren hellen Augen an,
die die Welt auffressen wollen und köpft ihr Frühstücksei.
Sie trägt immer ältere Hosen von mir
und findet mich mittlerweile einen originellen Papakauz
und hat immerhin einen BH an.
Das habe ich neulich erst gemerkt,
denn vorher habe ich nicht gewusst, dass Regina mal eine Frau werden könnte.
Ich frage sie auch nicht mehr,
ob wir in den Zoo wollen, oder so.
Johannes ist ihr Freund, der läuft
seit neuestem hier selbstverständlich rum.
Nicht wie selbstverständlich,
SELBSTVERSTÄNDLICH.
Der sagt meistens nichts, studiert wohl was.
Langzeitstudent, dreißig und trinkt mehr wie ich.
Heiratswünsche hält er wohl für philosophisch
nicht ausgeschlossen. Sieht mir sehr ähnlich,
als ich in seinem Alter war.
Na ja und das ist zwanzig Jahre her.
Meine Phantasie mich mit ihm schlagen zu wollen,
weil er unter meinem Dach meine Tochter fickt kommt immer öfter.
Wenn es hoch kommt haben wir bisher
drei Worte miteinander gewechselt.
Geredet haben wir schon so ins Leere,
aber gewechselt haben wir nicht.
Er findet Kunst unabdingbar.
Mit diesem Satz will er historisch werden in diesem Haus. Mit meinen
Geschäftsfreunden plaudert er lockerer als ich selbst.
Er gibt zu, dass er ein Versager ist und auch
das er sich bei mir durchfrisst.
Regina redet gerne über Theater mit ihm.
Da findet nämlich seines Erachtens die Überhöhung des Lebens
statt.
Er setzt ohnehin andauernd irgendwelche Markenzeichen.
Dass
Regina
erwachsen
wird sehe ich daran,
dass sie jeden Morgen zum Frühstück
eine Banane schält und sie dann lustvoll bläst
und Johannes groß anschaut.
Der nimmt dann die Banane
und drückt sie in ihrem Gesicht aus.
Das soll mich
wahrscheinlich provozieren oder so.
In den letzten Tagen spreche ich nicht mehr.
Ich schaue in die Luft,
zur Uhr und warte bis ich meine Tage kriege,
damit ich Leben in mir spüre.
14. Februar 2000
© mvs
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