Matthias
v. Schramm (MVS)
Drei auf eins:
Die Ehefrau und die Geliebte
Das Kreuz der Gärtnerin
Balkonleben
Hi Paps
Mittagessen
Lebenstriptychon
Jonathan und die Jägerin
(Auszug)
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Die Ehefrau und die Geliebte
Manchmal habe ich einen Hass, auf alles, was seine bestimmt
sauberen und gepflegten Hinterbacken in meiner Nähe parkt. Die
Ehefrau beherrscht meine Unterwäsche. Die Geliebte trägt ihre
Unterwäsche so, wie sie glaubt, dass es
mir gefällt. Am Sonntag gehe ich oft lange im Park spazieren,
mit Mädchen und Blumen im Kopf. Flugzeuge stürzen in den See.
Passanten grüßen nicht. Ich rauche eine.
Die Ehefrau stellt die Blumen gleich in die Vase, riecht nach
Mangold und Feinwaschmittel. Nach dem Sex löst sie
Kreuzworträtsel und telefoniert mit ihrem Vater. Monika, so
heißt die Geliebte, Monika also, verteilt die Blumen wahllos
im Zimmer und lässt sie vertrocknen. Sie führt im Bett
geschäftliche Telefonate und beklagt sich über zu wenig Sex.
Marianne, so heißt die Ehefrau, Marianne also, kauft Hemden in
genau der richtigen Größe. Den Mädchen in der Stadt weht der
Wind durch das Haar. Sie sehen aus wie Milchkaffee mit viel
Milch. Ich lächle unverbindlich durch sie durch.
Die Ehefrau und die Geliebte treffen sich und beklagen sich
über Haare in der Wanne und über meine permanente Ungeduld. In
Gedanken besprechen sie meine Warzen auf dem Rücken. Ich kenne
jede Falte, jede Rauheit und Verkrustung auf der Haut meiner
Frau. Ich kann auf ihr spazieren gehen, wie durch den Park.
Monika versteckt hingegen alles von sich, was mir nicht
gehört. Nase, Mund und Nacken gehören mir schon mal nicht.
Schade.
Mit Monika kann ich auf Bäume klettern, sie tief in den
Strandsand eingraben, oder uns beide zum Trocknen aus dem
Fenster hängen. Das würde natürlich mit meiner Frau nie gehen.
Aber, wenn ich meiner Frau heißen Kaffee ins Gesicht schütte,
weil er mir nicht schmeckt, dann ist das kein Drama. Sie
schmiert mir dann die Brote etwas liebloser.
Ich will mit den Mädchen Kaffee trinken und ihnen dann von
meiner Einsamkeit erzählen. Manchmal hat eine sogar Lust dazu.
Sie hört mir nicht zu, aber ich beobachte ihren schmalen
Milchbart.
Neulich kam ich bei einer Tierhandlung vorbei. Beinahe habe
ich mir einen Hund gekauft.
©MVS
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Das Kreuz der Gärtnerin
Meine Nachbarin trägt Kittelschürze und Teilkunsthaar. In all
den Jahren haben wir vier Sätze miteinander gewechselt und
unzählige lachende Blicke. Zu Ostern, meinem Geburtstag und
zum Nikolaus steht Schokolade vor meiner Tür. Manchmal auch
eine Flasche Eierlikör, selbst gemacht und mit selbst gemaltem
Etikett. Es kommt auch vor, dass sie ein Urlaubsfoto von sich
beifügt. Sie in Italien im eleganten Kleid vor einer fotogenen
Burgruine. Einmal hat sie mir sogar ein paar Gummihandschuhe
geschenkt in blau und fast elegant. Seit jeher buddelt sie mit
quietschgelben Arbeitsüberziehern in der Erde. Sie hat ein
Buch raus gebracht über Gartenpflege und macht Werbung im
Laubenmagazin für die Firma Ostgummi. Ihr Lieblingsgericht ist
Spargel mit Schinken. Sie zieht ihre Handschuhe eigentlich nie
aus. Vielleicht wäre das auch schon zuviel des Guten.
Sie heißt Hertha und wenn sie sich bückt schaue ich schamhaft
weg. Sie meint, dass ihr Schwimmerinnenkreuz von der
Gartenarbeit kommt, aber sie könne damit gut Leben. Seit sechs
Jahren lieben wir uns heimlich. Es kommt dabei aber nichts
raus.
6. August 2009
©MVS
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Balkonleben
Jetzt ist eine junge Lehrerin hier eingezogen. Weiße Haut,
schwarzer glatter Rock. Ein Schritt wie ein Uhrwerk und ohne
Liebreiz. Sie hat schon diesen kontrollierenden Blick drauf, den
sie dringend für ihren Job braucht. Ich stelle die Uhr nach ihr.
Morgens 7 Uhr 15 klackende Schuhe im Treppenhaus. Nachmittags 15
Uhr 15 kurze Begegnung, Gruß und Gesundheit wünschen. Sehr
sachlich und höflich. Man könnte sich für einen Moment in ihren
Augen verlieren. Ich vermeide das. Ihr Mund ist ein
geschlossener Reißverschluss beim Sprechen. Dennoch begleite ich
sie manchmal zur S-Bahn. Nur ein kurzes belangloses Gespräch.
Sie will mal selber Kinder haben. Aber das will gut überlegt
sein. Sie guckt dann streng und hat selbst dann mehr Charme, als
meine Freundin Käthe.
Käthe sitzt mit ungemachten Haaren auf dem Balkon. Weingummi-
und Rotweinfilm auf den Zähnen, breitbeinig im Neglige und
generell unrasiert. Immer mal eine kleine Verlegenheitszigarre.
Kampfspuren auf der Haut von der Nacht mit mir und Bruno. Blaues
Auge vom Türpfosten. Die Nachbarn denken sicher sonst was. Und
es gibt Tage, da lebt Käthe auf dem Balkon. Ich schwänzle dann
wie ein räudiger Hund um sie herum und bin auf Bruno sauer. Er
war einmal mein bester Freund. Aber hier auf der
Hausfrauensoßenparty mit meiner Käthe gut Kirschlikör trinken.
Das ist ja wohl das Allerletzte. Ich mache Kartoffelsalat für
uns.
Beim Weg zur Bahn verliere ich meinen Kopf manchmal in den
Unterröcken der jungen Lehrerin. Lisa heißt sie, wie Brunos
Hündin mit Schleife im Haar. Wir finden uns dann in der Böschung
hinter dem Busbahnhof wieder. Wir liegen nebeneinander und
betrachten schweigend den Himmel und warten, dass Krähen tot zur
Erde fallen. Sie behält immer BH und Schuhe an. Wenn die
Strümpfe reißen flucht sie und sagt: Ihr Männer seid doch alle
gleich!
Das stimmt natürlich nicht. Lisa widerspricht sich auch sofort.
Für sie bin ich wie ein Schwimmkissen ohne Rettungsweste. Laut
keuchend, wenn ich Leidenschaft vortäusche.
Käthe stinkt nach Bruno und eingepupsten Männerunterhosen. Bruno
ist ja auch Single und macht die Wäsche derzeit selbst. Sie hat
sich Piercings in die Brustwarzen machen lassen, was ich für ihr
Alter und ihre Brüste für unangebracht halte. Ich rätsle noch,
wer zuletzt auf Klo war und nicht ordentlich gespült hat. Bruno,
Käthe oder ich. Meine raue Zunge leckt Käthes
Schnapsnachtgesicht. Dann liebe ich unser Balkonleben. So
gewohnt, so gewöhnlich und eingelebt und gemütlich. Lisa läuft
vorbei. Hoch geschlossen, mit einem Lehrerkollegen mit braun
grünem Rautenmuster auf dem Pullunder.
„Oh, Familie Arschloch macht einen Ausflug!“, brummelt Käthe
heiser und pflegt ihr Feilchen mit Feigencreme. Ich strecke Lisa
und ihrem Kollegen die Zunge raus. Sie schüttelt empört ihr
fleißiges Pädagoginnenköpfchen.
©MVS
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