Katarina Cuellar / ariadna
1979 geboren in Moers, Wesel (aber nie dort gelebt).
Lebensstationen,Mainz, Columbus/ohio, Nürnberg,München Bogotá
(Kolumbien), Bismarck/Arkansas, Augsburg
Ich sehne mich immer nach dem Land, in dem ich nicht bin. Das ist seit
meiner Kindheit so.
So sehr auch das Aufwachsen in unter- schiedlichen Kulturen den Blick
weitet, so sehr verblendet es auch. Das Land, das ich suche gibt es
nicht. Es handelt sich dabei eher um ein El Dorado, wie bei Poe.
Der Wunsch danach ist immer vorhanden, aber nur selten bewusst.
"Dieses Leben ist ein Spital, wo jeder Kranke von dem Wunsch besessen
ist, das Bett zu wechseln. Der eine möchte dem Ofen gegenüber leiden,
und der andere glaubt , am Fenster würde er genesen.
Mir scheint, immer dort wo ich nicht bin ,wäre ich glücklich und wo
wir unseren Aufenthalt nehmen könnten, ist eine der Fragen, über die
ich mich unaufhörlich mit meiner Seele unterrede.
(...)
Endlich bricht meine Seele ihr Schweigen, und sehr weise ruft sie mir
zu:
"Wohin auch immer! wohin auch immer! Wenn es nur außer der Welt ist!"
- Charles Baudelaire: Anywhere out of the world
Begegnung
LYRIK
PROSA
Liebe und Langeweile
Deine
Müdigkeit Die
Flammen
Nadeshda
Blatt
fiktive
antwort auf fiktiven brief
Offener
Brief an madonna
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LYRIK
7 Gedichte
sonett für stéphane mallarmé
dein vers
halb im verborgenen
halb offen
mal von farbe umflossen
mal mit dir selbst verwoben
keine träne wurde vergossen
jeder wurde betrogen
deine luft nur ahne ich
atme in eigener lust
deine letzten züge nach
lasse den sand
durch meine hände rinnen
träume dabei deine hand
deine stirn deine augen
obschon tot, noch wach.
verlachung eines jungen dichters
letzte nacht
geschah es ihm
dass er es mit der angst zu tun
bekam
tiefnachts
ging sie ihm irgendwo
in der brust auf
und wanderte nach unten
sich verwandelnd
wanderte sie in den unteren
bezirken des rumpfes
wo das schlechte gewissen
sein unwesen
treibt
ja: das innenleben
schien ihm in den organen zu wohnen
er zündete das licht an und schrieb
eine lebensdefinition
ein organismus, der sich fürchtet vor sich selbst
der usprung?
woher die dinge?
na: sie sind aus pulver gemacht
wie kakao
in der zweiten dunkelheit
ausgestreckt
versuchte er sich einen vogel zu denken
doch er sah ihn nicht
zu viele nebel
etwa tausend
er befragte die worte nach der natur
doch das wasser
das er fand
war so verwässert
eigentlich nicht existent
was ist übrig an gewissheiten
fragte er seine sprache
eigentlich nur kirschen
und kirschkerne
pessimistische prophezeiung
alle arbeiten zwölf stunden
sieben magische tage lang
kein taxi hat mehr zeit
kein kassierer wird mehr
beschützt durch schweigen
oder freundschaft
die bilderfarben werden flüssig
und bilden, gleich tränen,
braune flüsse
ich werde deinen namen vergessen haben
und mein parfum kann ich mir
schon längst nicht mehr leisten
das menschliche steißbein verlängert sich
wir machen uns ein friedloses bett
auf den bäumen
die birnen verschimmeln in den lagern
erfindungen wie stiefel
werden die lethe hinabgespült
die toilette hinuntergespült
die sich selbst zuletzt verschluckt
architekten gibt es noch
aber keine häuser
zigaretten fallen wie regen vom himmel
aber keiner weiß, wie man feuer macht
es beginnt- endlich-
die zeit der sprachlosigkeit
das buch liegt auf dem tisch
wie ein dinosaurierei
verwilderung
ein gefühl begegnet mir mit schwarzem gesicht wie
ein minenarbeiter anfang des letzten jahrhunderts
in agonie werden löcher gegraben
deswegen schwarz
auch das photo ist schwarz-weiß
künstlerische ausdrucksweise
dem filter erhaben
es gebären die sätze einander im kreis
wie geburten der athene
jemand reicht jemandem die hand
ganz stumm und ein wenig traurig wie ein kind
ich glaubte mich zu waschen
weiße griechische skulpturen
meine gefühle so
statt dessen photos von historischer hygiene
aber so innerlich bleich, ganz weich
ein weichtier keine schale
so sieht ehrlichkeit aus:
niemand kann den anblick ertragen
ich benutze sie als waffe
zeihe sie aus meiner tasche
zeige den schlangenkopf dem feind
ein jeder wird zu stein
doch bin ich leichtfüßig nicht wie perseus
ich kenne die gewalt in mir und fürchte sie
vor allem abends
wenn es regnet nicht
denn es betäubt die schlechte blume
geboren aus gestank
nein: baudelaire habe ich begriffen
bis in die schmerzhaft leuchtenden eingeweiden
so ist mein kummer doch erleuchtung
von zwei gehirnhälften ist immer eine
schneller
sie weiß sie hat recht
sie ist der echte rabe
der von poe
die andere aber regiert und versteckt
den ungeliebten wilden
rivalen und bruder
weil er nicht sterben kann
so sehr er will
einmal hörte ich seine stimme im finsteren gang
es gibt nichts sanfteres es gibt nichts
härteres
ich liebte ihn sofort
er ist ein dichter
er rezitiert die ganze zeit
und ich habe das licht nicht angezündet
er ist die quelle der sprache
er ist gedicht ohne sinn
ich liebe ihn unbegründet
weil er mich unterdrückt
man kann es nicht anders nennen als pervers
ich verwildere weil
das leben keine hände hat nur zangen
ich verwildere fast
mit absicht aber ich fürchte mich
und es schneidet tief wie kälte
verbtabellen
russisch
nach deinem
ich habe mir die seele wundgeschrieben
nach deinem hals
und bestenfalls ein stück papier
zerknüllt
die lunge hab ich totgeschrien
und alles schlimme blieb auch
unerfüllt
ich höre deine kinderstimme
und lieb auch deine rosa zunge
die sich zeigt zwischen zähnen
kinderzunge
hab ein grab gezeichnet
um das bett
nur sprichst du spöttisch
über meine raucherlunge
als gäb es keinen hals
kein krankenbett
du hältst in händen
meinen brief
verfluchst meine leeren schuhe
und dein kopf liegt schief
wie bei den vögeln
deine tiefkühltruhe ist voll von ihnen
du unheilige
so unschuldig und abgründig
bist du
wenn du klare augen
verdrehst nach der mode
und beginnst staubzusaugen
in aller frühe
kaum ist der mond verschwunden
kaum hab ich sie gefunden
deine runden
augen
Nimm mich auf
Nimm mich auf
Wie eine Kassette
Verschwende nichts
An den Hall
Konkurriere nicht
Mit dem lauten Wasser
Flüster mir
In die Seele
Der Rock
Aus dem ich gestiegen bin
Ist kreisrund
sterben lassen
deine tränenrillen waren
ausgetrocknet
so heiß war es
ich gab dir frisches wasser
du hast getrunken und sagtest:
aber du weißt ich bin
wie die bäume,
die mich umgeben
unaufhörlicher klavierklang
die blüten fallen
und sind überall
für kurze zeit
© Katarina Cuellar |
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